Evangelisch-Sorbische Gemeinde Schleife

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© Sebastian Winterscheid, lilazwei GmbH / SLpB

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Jadwiga Mahling mag Traditionen. Die junge Pfarrerin im Kirchspiel Schleife ist seit 2014 im Amt. Zum Gottesdienst im Hans-Schuster-Hof in Trebendorf spielt ein sorbischer Dudelsackspieler auf. Einige Frauen tragen Tracht, die Gemeinde hat Holzbänke in die Scheune gestellt. Der Posaunenchor erklingt. Die evangelische Theologin leitet den Gottesdienst. Er ist zweisprachig, Sorbisch und Deutsch. Mahling spricht in ihrer Predigt über Jesus Christus als Heiland und hebt dabei die Bedeutung von Heilung und Gesundsein hervor. Dazu zeigt sie regionale Produkte, die die Gesundheit unterstützen, etwa Kräuter und Schafwolle.

Sorbische Christen in Sachsen

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Die evangelische Gemeinde in Schleife (Sorbisch: Slepo) gehört zur Evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Sie hat etwa 1.300 Gemeindemitglieder und besteht aus acht Dörfern – sieben obersorbischen Dörfern in Sachsen und einem niedersorbischen Dorf in Brandenburg. In der Oberlausitz gibt es katholische und evangelische Sorben. Die Sorben, in Deutschland als nationale Minderheit anerkannt, sind westslawischer Herkunft. Sie besiedelten etwa mit Beginn des 7. Jahrhunderts die Region und nahmen im 10. Jahrhundert das Christentum an. Im Jahr 1541 wurden die ersten protestantischen Geistlichen in der Region eingesetzt, Sachsen wurde evangelisch. Während der Diktaturen der NS- und DDR-Zeit sind viele sorbischchristliche Traditionen weggebrochen. Die Niederund Oberlausitz sind als Braunkohlerevier bestimmt vom Bergbau. Für die Sorben ist die Abbaggerung von 137 Siedlungen und 27 Kirchen in ihrem Siedlungsgebiet ein bleibender Schmerz. Das absehbare Ende des Tagebaus bedeutet einen erneuten Umbruch. Pfarrerin Jadwiga Mahling, auch zuständig für Mühlrose, das letzte Dorf, das in der Bergbauregion umgesiedelt wird, bezeichnet einen Teil ihrer Arbeit auch als „Seelsorge am Tagebau”. Die Kirche in Schleife, erstmals im Jahr 1341 urkundlich erwähnt, ist das Zentrum der Gemeinde. Beim Floriansgottesdienst für die Feuerwehrleute im September kommen Gläubige aus acht Dörfern zusammen. Die Kirchengemeinde unterstützt die lokalen Bräuche und die Förderung des Sorbischen. Es gibt eine zweisprachige Schule im Ort. Das Schleifer Sorbisch sprechen nur die Älteren, die es noch in der Kindheit lernten. Eine große Wertschätzung erfährt bis heute der Brauch der Christkinder (Bože Dzecetko). Jeder Ort des Schleifer Kirchspiels hat ein spezielles Christkind mit einer spezifischen Tracht. Das Christkind symbolisiert das Jesuskind und darf die jeweilige Ortsflurgrenze nicht überschreiten. Jährlich am 1. Advent wird das Schleifer Christkind in der Kirche ausgesegnet. Sein Gesicht wird durch einen weißen Schleier verdeckt. Nach dem Gottesdienst zieht es zusammen mit zwei Begleiterinnen von Haus zu Haus und segnet schweigend und nur durch eine zarte Berührung der Wangen die Menschen. Die Begleiterinnen verteilen im Korb befindlichen Gaben. Den Menschen bedeutet die Verbindung zwischen Glaube und Tradition viel. Sie gestalteten im Jahr 2023 den 77. Sorbischen Evangelischen Kirchentag in Schleife mit. Neben dem religiösen Aspekt ist vielen Gläubigen die soziale Seelsorge wichtig, auch beim Kampf um den Erhalt der Natur, der sorbischen Identität und der Heimat.

Evangelische Kirche

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Die evangelische Kirche, meist protestantische Kirche genannt, entstand im Jahr 1517 durch die von Martin Luther ausgelöste Reformation und den Bruch mit der römisch-katolischen Kirche. Luther übersetzte die Bibel ins Deutsche und lehrte, dass die Menschen alleine durch die Gnade Gottes zum Heil kommen und nicht durch menschliche Leistungen (Rechtfertigungslehre). Der Gottesdienst wurde verändert und neue Kirchenlieder geschrieben. Die Konzentration auf die Schriften und die Musik sind ein zentrales Element der evangelischen Kirche. Wie alle Christen glauben auch die Protestanten an einen Schöpfergott, doch das Evangelium von Jesus Christus und seine Menschwerdung als Sohn Gottes stehen im Mittelpunkt. Im 16. Jahrhundert entstanden evangelische Landeskirchen. Die Landesherren bestimmten seit 1555 jeweils die Ausrichtung ihrer Kirchen. Sachsen gehört zu den Stammländern der Reformation mit evangelisch-lutherischer Landeskirche. Dies gilt jedoch nicht für die Oberlausitz, die teilweise zu Preußen gehörte. Im Jahr 1817 bestimmte der preußische König Friedrich Wilhelm III. den Zusammenschluss (Union) zwischen Lutheranern und reformierten evangelischen Christen. Nach dieser Union nannte diese Kirche sich schlicht die Evangelische Kirche.

Neugierig?

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Hier können Sie der Gemeinde begegnen.

Hier erfahren Sie mehr über den evangelischen Glauben in der Sorbischen Gemeinschaft.

Und hier gibt es Hinweise für die Gestaltung von Bildungsszenarien.