Eritreische-Orthodoxe Tewahedo Gemeinschaft Dresden

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© Sebastian Winterscheid, lilazwei GmbH und Andreas Rost / SLpB

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Diakon Beltsom wirft sein weißes Tuch (Netela) über die Schulter. Dies geschieht bewusst in Form eines Kreuzes. Die weiße Farbe steht für Reinheit. Die Frauen kommen in weißen Gewändern zur Martin-Luther-Kirche in der Dresdner Neustadt, denn dort finden die eritreischen Gottesdienste statt. Die Frauen beten auf der rechten Seite, die Männer links. Sie betreten die Kirche ohne Schuhe, die Frauen bedecken ihren Kopf. Diakon Beltsom gestaltet die Kirche dafür um. Er stellt Ikonen auf, legt einen Teppich im Altarraum aus, holt die Kirchentrommeln hervor und stellt den Weihrauchschwenker bereit. Der Weihrauch soll die Gebete zu Gott emportragen. Diakon Beltsoms Traum ist es, für seine Gemeinde eine eigene Kirche zu haben.

Eritreisches Christentum in Sachsen

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Während der DDR-Zeit gab es mit dem afrikanischen Staat Äthiopien – Eritrea war damals eine Provinz Äthiopiens – einen intensiven Austausch. Seit den siebziger Jahren gingen Hochschullehrende aus der DDR nach Äthiopien und äthiopische Studierende kamen in die DDR. 1991 wurde das äthiopische Regime gestürzt, Eritrea errang 1993 die Unabhängigkeit und die eritreische Kirche spaltete sich von der äthiopischen Mutterkirche ab. Seit 2014 kommen eritreische Geflüchtete nach Sachsen, die meisten sind Christen. Sie fliehen vor der Diktatur des Präsident Isayas Afewerki. Ostern 2015 begannen sie als Gäste in der Martin-Luther-Kirche Dresden ihre Gottesdienste zu feiern. Dafür weihten sie eine Altartafel (Tabot). Nach dem Gottesdienst, der zwei Stunden dauert, trifft sich die Gemeinde mit über 100 Mitgliedern zum gemeinsamen Essen. Injera, gesäuertes Fladenbrot aus Teff, wird zu scharfem Gemüse und Fleischragout gereicht. Gegessen wird mit der rechten Hand. Danach gibt es für die Kinder in der Sonntagsschule Religions- und Sprachunterricht in Tigrinya. Die religiöse Musik gehört zum Alltag. Neben den Liedern werden Instrumente wie Krar (Saiteninstrument) und Trommeln erlernt, auch über die sozialen Medien (YouTube). Alle Feste richten sich nach dem alexandrinischen Kalender. Seit einigen Jahren gibt es deutschlandweit Spannungen unter eritreischen Exilanten. Der regimekritische Patriarch Abune Antonios wurde 2006 in Eritrea unter Hausarrest gestellt. An seiner Stelle wurde 2021 unter Einflussnahme der Regierung Abuna Qerlos zum Patriarchen geweiht, obwohl Abuna Antonius noch lebte. Dies führte weltweit in eritreischen Gemeinden zu Spaltungen. Obwohl beide Patriarchen inzwischen verstorben sind, werden weiter getrennte Gottesdienste abgehalten. In der Martin-Luther-Kirche findet einer am Samstag und einer am Sonntag statt. Die Entscheidung über die Gottesdiensttage fiel per Los. Diakon Beltsom muss seinen Gottesdienst am Samstag halten.

Die Eritreisch-orthodoxe Tewahedo Kirche

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Alle Christen glauben an den Schöpfergott, an seinen Sohn, Jesus, und den Heiligen Geist. Maria, die Mutter von Jesus, wird in den Kirchen unterschiedlich verehrt. Die eritreischen Christen beten Maria als Gottesmutter an. Sie feiern 33 Marienfeste. Die Eritreisch-orthodoxe Tewahedo Kirche gehört zu den orientalisch-orthodoxen Kirchen. Obwohl sie eine junge Nationalkirche ist, reichen ihre Ursprünge bis ins 4. Jahrhundert. Dies hängt mit der äthiopischen Geschichte zusammen. König Ezana erklärte das Christentum zu jener Zeit zur Hofreligion seines Reiches. Das heutige Eritrea war Teil dieses Reiches. Die Bibel wurde ins Altäthiopische (Ge’ez) übersetzt. Altäthiopisch wird neben der Alltagssprache Tigrinya noch heute in der Kirche benutzt. Das Wort Tewahedo im Namen der Kirche ist auf das Treffen von Kirchenvertretern (Konzil) in Chalkedon im Jahr 451 zurückzuführen. Die Äthiopier blieben bei ihrem Glaubenssatz, wonach Jesus, der Gottessohn, als eine göttliche und menschliche Einheit (Tewahedo) zu betrachten sei. 1993 spaltete sich die eritreische Kirche von der äthiopischen Mutterkirche ab.

Neugierig?

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Hier können Sie der Gemeinde begegnen.

Hier erfahren Sie mehr über den eritreisch-orthodoxen Glauben.

Und hier gibt es Hinweise für die Gestaltung von Bildungsszenarien.