Das vietnamesisch-buddhistische Kulturzentrum in Sachsen e.V. wurde im Jahr 2011 mit 50 Familien gegründet. Der Vereinszweck des Phật Giáo Việt Nam tại Sachsen e.V. ist es, “die asiatisch Kultur in der Tradition des vietnamesischen Buddhismus zu pflegen”. Zehn Jahre, von 2013 bis 2023 befanden sich die Gemeinderäume in Dresden, in der Großenhainer Straße. In Bad Gottleuba-Berggießhübel hat die Gemeinde nun ein neues Domizil gefunden – in der ehemaligen Villa Zwiesel.
Buddhismus in Bad Gottleuba-Berggießhübel / Dresden
Ein Gespräch mit Hoang Thanh An über die buddhistische Gemeinde in Dresden
Von persönlicher Religiosität, Weitergabe der Religion, Tod und dem Leben in der DDR
Ein Gespräch mit Hoang Thanh An über die buddhistische Gemeinde in Dresden
Von persönlicher Religiosität, Weitergabe der Religion, Tod und dem Leben in der DDR
Herr Hoang Thanh An ist der stellvertretende Vorsitzende und Sprecher der Gemeinde.
zu Herrn An:
- 1956 geboren
- Studium Maschinenbau, Umwelttechnik
- seit der Wende im Rotaryclub
- Mitglied des Ausländerbeirats der Stadt Dresden
- beteiligt sich am Runden Tisch der Religionen
- Mitunterzeichner des "Dresdner Worts der Religionen" (3. 10. 2026)
Wo waren die Räume der Gemeinde in Dresden ursprünglich und warum ist es so wichtig, in Sachsen eigene Räumlichkeiten zu haben?
Die Gemeinde war von 2013 - 2023 auf der Großenhainer Straße in Dresden
Ich bin sehr glücklich, nun in Bad Gottleuba-Berggießhübel eine Heimat gefunden zu haben. Die buddhistische Kultur hat einen ganz große Bedeutung für mich. Aber auch die Erinnerung an die Ahnen. Ich bin in jedem Moment bewusst budhhistisch. Früher mussten wir immer zu den Festen, insbesondere zum Vollmondtag, nach Hannover fahren.
Beschreiben Sie bitte Ihre eigene Religiosität.
Ich habe eine Buddha-Statue zu Hause und muss nicht in eine Pagode gehen.
Bei der Meditation wiederhole ich Sutras vor Buddha. Ich praktiziere sozusagen jede Minute, jede Stunde, jeden Tag.
Das Ziel ist es, zu trainieren, um Hass zu überwinden.
Ich beachte die buddhistischen Grundlagen, 5 Gesetze: Sünde, Buße vollziehen. Mit Achtsamkeit beobachten: Es gibt immer eine Ursache. Achtsamkeit bedeutet, den Geist zum Körper zurückzubringen. Man kann zum Beispiel die Atmung bewusst steuern.. Wenn ich beschimpft werde, versuche ich, nicht sofort zu reagieren. Ich such nach dem Grund, der Achtsamkeit den Raum zu lassen. Mitgefühl für den Menschen ist wichtig, zu überlegen: Warum läßt Du das bei mir? Schlechte Gedanken sind zu vermeiden. Ich und andere Buddhisten leben nach dem Grundsatz: 'Liebe gegen Hass - Lösung der Konflikte'.
Bevor ich ins Bett geht, denke ich über den Tag nach, wie bei einem Film: Was habe ich erlebt, was ist passiert, was geht mir nach. Bei Konflikten mache ich das, um eine Annäherung zu bekommen oder eine Entschuldigung zu praktizieren. “Wir haben keinen Gott, aber wir glauben”.
Wie sind Sie erzogen worden und wie wird die Religion weitergegeben?
Ich wurde buddhistisch als Kind erzogen. Bislang hat ich keine Glaubenskrise : 'Ich bin meinen Ahnen echt dankbar, dass sie mich so erzogen haben.' Der Ahnenglaube und die Verehrung der Ahnen spielt eine große Rolle im Alltag und im sozialen Leben. Die Ahnen sind sozusagen immer da und bei wichtigen Lebensentscheidungen werden sie mit einbezogen, durch Opfergaben, Ehrerweisungen. In fast jedem Haushalt und in den viet. Restaurants gibt es einen Ahnenaltar.
Wir haben keine Verbote, sondern streben nach einer Welt, in der alle friedlich zusammenleben.
Ich beschäftige mich mit der Frage, warum Jugendliche in vielen Religionsgemeinschaften fehlen, wie die Vermittlung des Glaubens gelingen kann. Meine Kinder sind in zwei Kulturen aufgewachsen, deswegen wird auch ein wenig Weihnachten gefeiert.
Irgendwann legen die Jugendlichen ein Versprechen ab. Es ist wichtig zu lernen, wie ein glückliches Leben gelingen kann, wie man das Leben 'beherrschen' kann. Die Gedanken - Sprache - Handeln hängen zusammen. Die Maxime ist: nichts Böses sagen, nichts Böses tun, kein böses Handeln. Handeln lässt sich nicht korrigieren. Karma ist alles, was man gemacht hat, was man gesprochen hat, was man Gutes oder Böses gemacht hat. Ein guter Mensch wird wiedergeboren, ununterbrochen, als Fortführung unserer Ahnen.
Man muss selbstlos sein. Ein Ich besteht nicht.
Wie ist das mit der Integration in Deutschland?
80% der vietnamesischen Kinder gehen in ein Gymnasium, 60% machen Abitur. Es ist wichtig, gut zu arbeiten in der Bundesrepublik Deutschland. Der Erfolg der Erziehung ist der Indikator der Integration.
Wir veranstalten Sommer- und Jugendcamps zum Thema Religion/Buddhismus. In den Sommerferien wird dann eine Woche neben Spielen auch buddhistische Unterweisung praktiziert, aber auch Kulturabende, Tanzen etc.
Wie ist das mit dem Sterben und dem Tod
Ich engagiere mich für eine Möglichkeit, nach buddhistischem Ritus zu bestatten. Entstanden ist die Möglichkeit auf dem Heidefriedhof in Dresden als "Ort der Rückkehr". Das war die erste buddhistisch Grabstelle in Osteuropa und wurde am 27. September 2015 eingeweiht.
Die Statue des Buddha Shakyamuni ist dort an zentraler Stelle errichtet, Acht Wege gehen von dort ab. Vier Bodhisattvas Statuen sind an den Enden aufgestellt: Bodhisattva Avalokiteshvara (Barmherzigkeit), Bodhisattva Manjushi (Weisheit), Bodhisattva Samantabhadra (Handlung) und Bodhisattva Kshitigarbha (Opferung).
Der Friedhof ist im Einklang mit der buddhistischen Lehre vom Nirvana, dem Kreislauf des Lebens, wer wir sind, woher wir kommen. Ein ewiger Kreislauf. Alles Leben und alle Suche ist vergänglich, es kommt und geht wieder weg. Das Leben des Menschen ist ein ununterbrochener Prozess.
Wie war das mit der Religionsausübung in der DDR und nach der Friedlichen Revolution?
Räucherstäbchen waren während der DDR Zeit verboten. Wurden sie von vietnamesischen Gläubigen doch angezündet, bekamen diese ein Disziplinarverfahren. Buddhismus galt als Aberglaube. Es gab keine Möglichkeit, offiziell den Buddhismus zu praktizieren. Aber auch die Botschaft der Sozialistischen Republik Vietnam unterband oder verbot religiöse Praktiken.
Nach der Wende entstand eine neue Gesellschaftsordnung mit dem Grundgesetz. Wir sind sehr dankbar für das geeinte Deutschland und dass wir unsere Religion in Freiheit praktizieren können. Es gibt überhaupt keine Hindernisse, was wir machen dürfen.
Welche Bedeutung hat der Buddhismus heute in Sachsen?
Heute haben wir eine stark polarisierte Gesellschaft. In Sachsen ist der gesellschaftliche Zusammenhalt aller Menschen daher sehr wichtig. Die Völkerverständigung ist sehr wichtig. Wir engagieren uns immer vor Ort und in vielen sozialen Projekten. Wir möchten jetzt gerne auch etwas in Berggießhübel unternehmen. Wir haben viele Erfahrungen mit Konfliktlösungen um zu verhindern, dass Menschen in die Konfrontation gegeneinander gehen.
Wir möchten neue Begegnungsformen entwickeln in Berggießhübel, wie gemeinsame Kochkurse und Mediatationskurse für alle. Auch die Umwelt bzw. Natur soll unbedingt mit einbezogen werden. Themen wie Bach, Berg, Naturschutz, Wanderwege, Wald, Gemeindeleben sind wichtig. Wir planen ein Stadtteilfest und ein Dorffest, das im Gelände der Villa gefeiert werden soll. Aktuell haben wir Sorgen wegen des Daches.
Die 1908 erbaute Villa ist geräumig und bietet beste Voraussetzungen für einen Tempel. Dass der Tempel dort 2023 eingeweiht werden konnte, beruht auf einem Zufall: Frau Luong, die Vorsitzende der buddhistischen Gemeinde, war zur Kur in der Gegend und entdeckte die Villa bei einem Spaziergang.
Einweihung des Tempels in Bad Gottleuba-Berggießhübel
Die Einweihung des Tempels im September 2023 war ein großes und Ereignis für die Gemeinde. Sie fiel zusammen mit dem Vu-Lan-Fest - eine Feier zu Ehren der Ahnen, die von allen gläubigen Vietnamesen begangnen wird.
Die Veranstaltungen der Dresdner vietnamesisch-buddhistischen Gemeinde stehen grundsätzlich allen Interessierten offen. Kinder und Jugendliche werden durch Freizeitangebote wie Sommerlager in das Gemeindeleben eingebunden. Den Mitgliedern des Vietnamesisch Buddhistischen Kulturzentrums in Sachsen e.V. ist zivilgesellschaftliches Engagement im interreligiösen Dialog besonders wichtig. Die Gemeinde pflegt den Kontakt mit zahlreichen anderen Religionsgemeinschaften in Dresden sowie anderen Teilen Sachsens.
Der Tagesablauf für Nonnen und Mönche in Bad Gottleuba-Berggießhübel
Der Tagesablauf für Nonnen und Mönche in Bad Gottleuba-Berggießhübel
Die Nonne Thich Hanh Nguyen, promovierte Soziologin, und der Mönch Thich Quang Thuc leben seit Herbst 2023 in Bad Gottleuba – Berggießhübel. Ihr Tagesablauf richtet sich nach der buddhistischen Praxis. Es gibt vier Zeremonien am Tag.
4.00 Uhr: Meditation (Sutras)
6.00 Uhr: Frühstück
danach: Arbeit, Schule
12.00 Uhr: Buddha Gebet
nachmittags: Sitzmeditation, Sutras
danach: Arbeit
abends: Mediation
Früh schlafen gehen.
Wie prägt der Buddhismus den Alltag der Gläubigen und das Leben im Tempel?
Tempel, Gebete, Essen, Kleidung, Feste
Wie prägt der Buddhismus den Alltag der Gläubigen und das Leben im Tempel?
Tempel, Gebete, Essen, Kleidung, Feste
Im Tempel
Im Gebetsraum gibt es Buddha-Figuren, Obst, Räucherwerk.
Der Raum ist ausgestattet mit Teppichen, Tischchen und Sitzkissen.
Das Swastika-Symbol ist auf den Buddha-Statuen zu sehen. Das Zeichen bedeutet Wohlstand, glücklich zu sein, innere Ruhe zu erlangen.
Tagesablauf
Der Morgen beginnt mit einer Mediation in der frühen Stunden. Mittags wird auch gebetet. Es folgt ein Gebet für die Seelen und der Tag schließt mit einer Abendmeditation im Gebetsraum.
Eine Zeremonie dauert bis zu 80 Minuten.
Es gibt 24 Stunden am Tag Gebete. Ein Band läuft ununterbrochen.
Viele Räucherstäbchen werden angezündet.
Unterweisungen und Aktivitäten
Für jeden Bedarf gibt es eine Unterweisung von Buddha. 84.000 solcher Unterweisungen sind gesammelt. Je nach Anlass kann die passende Unterweisung ausgesucht werden. Auch das Rezitieren der passenden Sutra bei Krankheit für andere ist möglich.
Die religiöse Praxis hat immer zwei Aktivitäten: gemeinschaftlich und individuell. Jeder praktiziert also auch für sich selbst, zu Hause.
Zwischen den Gebetszeiten entwickeln die Mönche und Nonnen Seminare, unterrichten, betreuen Menschen, auch online, sie vernetzen sich und bereiten die religiöse Unterrichtung Interessierter vor.
Bedeutung der Farben
Bei Zeremonien wird braun getragen, ein braunes Gewand, welches vorher angelegt wurde. Männer und Frauen tragen die gleiche Farbe. Ein blaues Gewand geht auch. Ein goldenes Gewand tragen Nonnen.
Feste
- Vesakfest (höchster Feiertag, feiert Geburtstag, Erleuchtung und Eintritt ins Nirwana des Buddha, meist im April)
- Neujahrsfest (Tet Nguyen Dan, nach dem Mondkalender Ende Januar oder Anfang Februar)
- Frühlingsfest
- Erntedankfest
- Friedensfest (meistens im Rathaus gefeiert)
- Tag zum Gedenken der Ahnen (Vu Lan oder Tet Trung Nguyen)
- Geburtstag Buddha (Anfang Mai)
Essen
vegetarisch, oft: Tofu mit Tomaten, Gemüse und Champignons.
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© Verena Böll / SLpB
Ein buddhistischer Friedhof in Dresden
Im Jahr 2015 wurde auf dem Dresdner Heidefriedhof die erste buddhistische Begräbnisstätte in Sachsen eingeweiht. Der Bau der Anlage, die Statuen verschiedener Bodhisattvas sowie eine große Statue des Buddha Shakyamuni (d.i. Siddhartha Gautama, der historische Buddha) beherbergt, wurde von der Stadt bezuschusst, größtenteils jedoch durch Spenden finanziert.
Bericht MDR Sachsenspiegel den buddhistischen Friedhof in Dresden
Bericht MDR Sachsenspiegel den buddhistischen Friedhof in Dresden
Das buddhistische Kloster Amitayus
Das buddhistische Kloster Amitayus
In Schmiedeberger Ortsteil Schönfeld im Osterzgebirge gibt es das buddhistische Kloster Amitayus. Es wurde 2010 durch den Mönch Thich Hanh Tan gegründet. Dort leben mittlerweile 18 Nonnen und Mönche. Sie unterliegen per Gelübde – mit einigen Ausnahmen– einer Schweigepflicht. Meditieren, das ist für sie sehr wichtig. Sie arbeiten mit dem Geist, mindestens acht Stunden am Tag. Das ist auch eine Verpflichtung gegenüber den Spendern.
Gäste können das Kloster besuchen und auch meditieren.
Der genaue Ort: Schönfeld 104 in 01762 Schmiedeberg
Was hat der Buddhismus mit Sachsen zu tun?
In Sachsen blickt der Buddhismus auf eine vergleichsweise lange Geschichte zurück. Bereits im Jahr 1903 gründete Karl Seidenstücker (1876-1936) in Leipzig den Buddhistischen Missionsverein für Deutschland und damit die erste hiesige buddhistische Organisation. Trotz dieser bereits frühen Popularität des Buddhismus unter westlichen Konvertiten, die ab den 1970er Jahren noch einmal verstärkt aufflammte und bis heute anhält, hat der überwiegende Teil der heute in Deutschland lebenden Buddhisten seine Wurzeln in asiatischen Ländern. Der vietnamesische Buddhismus, die wahrscheinlich größte buddhistische Gruppe in Deutschland, hat sich hier durch Zuwanderung von Vietnamesen etabliert, die aus verschiedenen Gründen verstärkt seit den 1970er Jahren nach Deutschland kamen.
Der vietnamesische Buddhismus in Deutschland
Die Institutionalisierung des vietnamesischen Buddhismus in Deutschland beschränkte sich zunächst auf die BRD. Der vietnamesische Mönch Thich Nhu Dien reiste 1977 nach Deutschland und gründete hier im Jahr darauf die erste vietnamesisch-buddhistische Andachtsstätte in einer Zweizimmerwohnung in Hannover. In den 1980er Jahren folgten weitere Andachtsstätten und Ortsvereine im gesamten Bundesgebiet. Im Juli 1991 wurde in Hannover schließlich die erste Pagode im traditionellen vietnamesischen Baustil Vien Giac in Deutschland eingeweiht, die zunächst auch eine zentrale Anlaufstelle für die religiösen Bedürfnisse der Vietnamesen aus der ehemaligen DDR darstellte. Der Bau wurde durch Spenden und Eigenleistungen der Gemeinde finanziert. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten entstanden in der ehemaligen DDR ebenfalls zahlreiche vietnamesisch-buddhistische Initiativen.
Hintergrund
Vietnamesen in der alten Bundesrepublik und in der DDR
Hintergrund
Vietnamesen in der alten Bundesrepublik und in der DDR
Hinsichtlich der Migrationsursachen und -umstände der vietnamesischen Migranten muss zwischen der Bundesrepublik (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unterschieden werden. Infolge des sich seit den 1950er Jahren verschärfenden Kriegs in Vietnam und der Machtübernahme der Kommunisten in Vietnam im Jahr 1975 flohen vielen Vietnamesinnen und Vietnamesen aus ihrer Heimat in die Bundesrepublik Deutschland. Man nannte sie "Bootpeople". Darunter waren neben Buddhisten auch ein größerer Anteil vietnamesischer Katholiken.
Eine herausragende Persönlichkeit in der Zeit der Bootsflucht aus Vietnam war Rupert Neudeck, Gründer des Hilfsorganisation "Cap Anamur". Er rettete tausenden vietnamesischen Bootsflüchtlingen das Leben auf offener See.
In die DDR hingegen kamen im Rahmen eines Austauschprogramms seit den 1950er Jahren Studierende aus dem damals bereits kommunistischen Nordvietnam. In den frühen 1980er Jahren erhöhte sich mit einem Regierungsabkommen zwischen der Sozialistischen Republik Vietnam (SRV) und der DDR die Anzahl der nach Deutschland kommenden Vietnamesen noch einmal deutlich. Neben Studierenden kamen nun auch zahlreiche sog. Vertragsarbeiter in die DDR. Während die buddhistischen und katholischen Vietnamesen in der BRD mitunter vor religiöser Unterdrückung und Verfolgung geflohen waren, spielte für viele der Studierenden und Vertragsarbeiter in der DDR, gemäß der religionskritischen bis -feindlichen Haltung der SRV und der DDR, Religion häufig eine eher untergeordnete Rolle.
In der BRD lebten 1989, im Jahr der deutschen Wiedervereinigung, etwa 35.000 vietnamesische Flüchtlinge, von denen etwa 2.000 bereits eingebürgert waren. Aus der DDR kamen rund 60.000 ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter hinzu, sowie in den folgenden Jahren weitere ehemalige Vertragsarbeiter aus anderen ehemaligen Ostblockstaaten. Somit lebten im Jahr 1999 etwa 115.000 Menschen mit vietnamesischem Hintergrund in Deutschland, von denen rund 29.000 bereits einen deutschen Pass besaßen. Ende 2022 lebten rund 208.000 Menschen mit vietnamesischem Migrationshintergrund in Deutschland, d.h. sowohl mit deutscher als auch mit vietnamesischer Staatsangehörigkeit.
Vietnamesische Buddhisten in Sachsen: Sprachen und Feste
Am 11. April 2011 wurde in Dresden das Vietnamesisch Buddhistische Kulturzentrum in Sachsen e.V. als Zusammenschluss mehrerer solcher Gruppen gegründet. An der Gründung des eingetragenen und gemeinnützigen Vereins waren 50 Familien beteiligt, heute umfasst die Gemeinde etwa 2000 Mitglieder, die aus ganz Sachsen sowie Polen und Tschechien stammen. Die Gemeinde finanziert sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Die Mehrheit der Gemeindemitglieder stammt aus vietnamesischen Zuwanderungsfamilien, jedoch sind in der Gemeinde auch Menschen ohne vietnamesischen Hintergrund aktiv. Da auch die vietnamesischen Sprachkenntnisse der 2. und 3. Einwanderergeneration teilweise begrenzt sind, findet das Gemeindeleben grundsätzlich zweisprachig auf Vietnamesisch und auf Deutsch statt. Auch in der religiösen Praxis, etwa beim Singen oder Vorlesen der Sutras, wird stets versucht, der Mehrsprachigkeit der Gemeinde Rechnung zu tragen, indem zentrale Inhalte übersetzt werden.
Das Vietnamesisch Buddhistische Kulturzentrum in Sachsen e.V. versteht sich dem Zen-Buddhismus (vietnamesisch: Thien) zugehörig, in dem die Meditationspraxis eine zentrale Rolle spielt. Die religiöse Betreuung wird von den Mönchen und Nonnen der Gemeinde übernommen, die auch die Zeremonien und Feste durchführen.
Im vietnamesischen Buddhismus wird die Unterscheidung zwischen Laien und Ordinierten betont, weshalb die ständige Anwesenheit von Mönchen und Nonnen für das religiöse Leben unerlässlich ist, da nur sie wichtige Zeremonien und Rituale durchführen können. Ihre Ausbildung erfolgt in Vietnam und Taiwan.
Entspannung – Konzentration – Erlösung
Buddhismus - Was ist das eigentlich?
Der Buddhismus geht auf den historischen Buddha zurück, der als Siddharta Gautama vermutlich im 5. Jahrhundert v. u. Z. im Norden des heutigen Indiens lebte. Buddha ist kein Name, sondern ein Titel, der wörtlich aus dem Sanskrit übersetzt ‚der Erwachte‘ bedeutet und mit dem Siddhartha Gautama ab dem Zeitpunkt seiner Erleuchtung bezeichnet wird. Den zahlreichen Strömungen im Buddhismus ist gemeinsam, dass sie sich auf den Buddha und dessen Lehre (Sanskrit: Dharma) berufen, die jedoch in den einzelnen Strömungen unterschiedlich ausgelegt wird. Diese Lehre ist in Form von Reden (Sanskrit: Sutra) des Buddha überliefert, die zunächst mündlich weitergegeben wurden. Erst in späteren Jahrhunderten hat man sie aufgeschrieben. Die einzelnen buddhistischen Strömungen sehen jeweils unterschiedliche Sutras als besonders wichtig an.
Der achtfache Pfad: Was muss man denn tun, damit sich das Rad dreht?
Woran glaubt man eigentlich, wenn man Buddhist ist?
Zentral ist im Buddhismus der Glaube an einen ewigen Kreislauf der Wiedergeburt (Sanskrit: Samsara). Ob das Ich in einer höheren oder niederen Existenzform wiedergeboren wird, hängt vom individuellen Karma ab. Das ist ein ethisches Prinzip, demzufolge gute Taten positive und schlechte Taten negative Folgen nach sich ziehen. Gute Taten können z.B. Spenden oder Opferhandlungen, aber auch Praxisübungen wie Meditation oder Rezitation sein. Negatives Karma kann z.B. dadurch entstehen, einem anderen Wesen Schaden zuzufügen. Das Ziel ist jedoch nicht, in einer möglichst hohen Existenzform wiedergeboren zu werden, da jede Existenz im Samsara grundsätzlich als leidvoll angesehen wird. Das Ziel ist der Austritt aus dem Samsara, der zugleich den Eintritt in das Nirvana bedeutet.
Buddhistische Lehre
Vier Edle Wahrheiten
Buddhistische Lehre
Vier Edle Wahrheiten
Die Grundzüge der buddhistischen Lehre sind in den Vier Edlen Wahrheiten enthalten:
- die Wahrheit vom Leiden
- die Wahrheit von der Ursache des Leidens
- die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens und
- die Wahrheit vom Weg zur Aufhebung des Leidens.
Diese Wahrheiten kann man sich wie einen Arztbesuch vorstellen. Was tut ein Arzt:
- eine Krankheit diagnostizieren
- der Ursache genauer auf den Grund gehen
- die Wege und Möglichkeit der Heilung bestimmen
- eine Therapie verordnen
Die wichtigsten religiösen Feste der Gemeinde sind
- das vietnamesische Neujahrsfest (vietnam. Tet Nguyen Dan; auch nur als Tet = “Fest” bezeichnet), das nach dem Mondkalender entweder Ende Januar oder Anfang Februar stattfindet,
- das Vesak Fest, das den Geburtstag, die Erleuchtung und den endgültigen Eintritt in das Nirvana des Buddha feiert und im April stattfindet sowie
- der im Herbst stattfindende Tag zum Gedenken der Ahnen (vietnam. Vu Lan oder Tet Trung Nguyen).
Und wie hat sich das alles entwickelt?
Im Laufe seiner knapp 2500-jährigen Geschichte hat sich der Buddhismus über große Teile Asiens verbreitet. Dabei ist er in zahlreichen Regionen heimisch geworden und weist dort jeweils spezifische Prägungen auf. In Ostasien und damit auch in Vietnam sind v.a. Schulen des Mahayana-Buddhismus vorherrschend, in dem neben dem eingangs erwähnten historischen Buddha zahlreiche weitere Buddhas und zudem noch sog. Bodhisattvas verehrt werden. Bodhisattvas sind Wesen, die zwar Erleuchtung erlangen, auf den Eingang in das Nirvana jedoch vorerst verzichten, um auch anderen Wesen auf ihrem Weg zur Erleuchtung zu helfen. Im vietnamesischen Buddhismus spielen neben dem historischen Buddha die Verehrung des Buddha Amithaba sowie des weiblichen Bodhisattva Quan Âm eine zentrale Rolle. Ein weiteres Merkmal des vietnamesischen Buddhismus ist eine ausgeprägte Ahnenverehrung.