Digitale Präsenz

Digitale Präsenz

Von Gläubigen zu Followern – Ein Überblick über die digitale Präsenz der acht Religionsgemeinschaften

Autorin: Jasmin Eder

„Neben den großen Themen auf Instagram – Beauty, Fitness, Wellbeing, Ratgeber, Reisen, Familie, Mode, Awareness – haben sich längst auch Nischen der religiösen Kommunikation etabliert. […] Religiöse Akteur:innen bewegen sich auf der Plattform in einer quicklebendigen Nische, die nicht durch Reichweite, sondern durch Gemeinschaftlichkeit und Spezifizierung beschrieben werden kann.“

Pirker, Viera; Paschke, Paula (2023): Religion auf Instagram. Analysen und Perspektiven. eine Hinführung. In: Viera Pirker und Paula Paschke (Hg.): Religion auf Instagram. Analysen und Perspektiven. Freiburg, Basel, Wien: Herder.

Die Covid-19-Pandemie hat als regelrechter „Wahrnehmungsbooster aller kirchlicher und religiöser Kommunikation im Digitalbereich“ (Pirker und Paschke 2023) gedient. Die religiöse Präsenz und Praxis auf Sozialen Medien wächst somit ständig weiter, und mit ihr auch das wissenschaftliche Interesse an dem Thema.

Ein Teil der vielfältigen Forschung zu Religion und Digitalität ist es zu untersuchen, ob und wie (Soziale) Medien eingesetzt, wie religiöse Inhalte dargestellt werden und welche Normen und Werte über diese transportiert werden sollen.

Die Anfänge der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Religion und Digitalität reichen aber bereits in die 90er Jahre zurück und haben sich im Laufe der Zeit genauso verändert und entwickelt wie die digitalen Medien selbst: Zu Beginn haben die Forscherinnen und Forscher die aufkommenden Phänomene rund um das Internet – wie zum Beispiel online-Foren rund um das Thema Religiosität – beobachtet und beschrieben. Zu der Zeit wurde noch stark zwischen on- und offline unterschieden und kaum danach gefragt, welche Auswirkungen Internet und Digitalität auf die alltägliche Religiosität haben könnte. Erst spätere Arbeiten haben die gegenseitigen Einflüsse von Religion und (Sozialen) Medien untersucht.

Die folgende Übersicht möchte an diese Fragen anschließen und vor allem die online-Präsenz der acht Religionsgemeinschaften erörtern. Der Fokus liegt auf der Präsenz in den Sozialen Medien und in welcher Form und zu welchem Zweck die Gemeinschaften online auftreten.

Wie der folgende Überblick zeigen wird, gehen alle acht Religionsgemeinschaften recht unterschiedlich mit Sozialen Medien um, und teilweise erfüllen sie für die verschiedenen Gemeinschaften auch unterschiedliche Zwecke. Einige nutzen sie, um Informationen besser und gezielter verbreiten zu können, für andere stellen Soziale Medien sogar eine Verbindung selbst zur eigenen Community und zum jeweiligen Heimatland dar. Ein Beispiel dafür ist die Indian Association Dresden (IAD). Sie betreiben eine Website auf Englisch und sind außerdem auf Facebook und Instagram aktiv. Dabei handelt es sich um keine primär religiöse Gemeinschaft, sondern um eine Dresdner Organisation für Inderinnen und Inder in Sachsen. Auf ihrer Homepage machen sie - wie bei den Sozialen Medien auch - auf indische Feste und Feiertage wie den Unabhängigkeitstag am 15. August und auf gemeinsame Aktivitäten aufmerksam, zusätzlich haben sie auf ihrer Homepage auch Bereiche mit nützlichen Informationen und Links zu bürokratischen Angelegenheiten in Deutschland. Auch die Polnisch Katholische Mission dient den polnischen oder polnischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sowohl als religiöse als auch heimatliche Anlaufstelle, was sich auch in dem Gebrauch von Sozialen Medien widerspiegelt: die Polnisch Katholische Mission Leipzig teilt auf Facebook, Instagram und TikTok regelmäßig Fotos und Kurzvideos von beispielsweise Pilgerfahren und von Messen, aber auch allgemeine Informationen zu Messezeiten oder zu gemeinschaftlichen Aktivitäten wie Public Viewing. Die Homepage der Polnisch Katholischen Mission Leipzig hingegen ist weniger interaktiv und mehr darauf ausgerichtet, die Messezeiten an verschiedenen Standorten aufzuführen und Newsletter hochzuladen. Sowohl die Homepage als auch die Inhalte auf den anderen Plattformen sind (fast) ausschließlich auf Polnisch und damit ein Indikator dafür, dass sie sich exklusiv für die bestehende, polnischsprechende Community gedacht sind. Während die Polnisch Katholische Mission Leipzig medial sichtbar und aktiv ist, tritt die Polnisch Katholische Mission Dresden medial eher zurückhaltend auf: Sie haben ebenfalls eine Homepage mit den gelisteten Daten und Uhrzeiten um die Gottesdienste in Dresden sowie in den angegliederten Standorten Bautzen und Meißen, sind aber sonst auf keinen anderen Plattformen aktiv.

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat ist wiederum ein Beispiel dafür, dass Soziale Medien sowohl zur Vernetzung, Informationsverbreitung und zur eigenen Repräsentanz nach außen dienen, als auch zum Teilen und Verbreiten von religiösen Inhalten und wichtigen Schriften selbst. Offizielle Accounts wie ahmadiyyade und muslimtvde und lajna_de teilen auf Facebook, Instagram und TikTok Fotos und Kurzvideos mit unterschiedlichen Inhalten: Ausschnitte aus dem Live-Stream mit dem gegenwärtigen Kalifen Mirza Masroor Ahmad, Zitate vom gegenwärtigen und vorherigen Kalifen, vom Propheten Muhammad und dem Gründer Mirza Ghulam Ahmad. Außerdem wird regelmäßig auf weitere interne Formate der Ahmadiyya verwiesen, wie zum Beispiel den Podcast Schon gehört? Der Podcast am Puls der Seele und auf die Zeitschrift Revue der Religionen. Darüber hinaus werden aber auch Stimmen von Besucherinnen und Besucher gesammelt und geteilt, die ihre positiven Erlebnisse in Moscheen und Veranstaltungen der Ahmadiyya beschreiben.

Auch die offizielle Website der Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR ist informativ gestaltet, mit Kontaktdaten, Übersichten über Standorten und Verweise auf Podcasts, Livestreams und Literaturtipps zur Vermittlung von religiösen Inhalten. Aber auch die Webpage selbst enthält Rubriken mit religiösen Inhalten, in denen der Gründer Mirza Ghulam Ahmad und mit ihm zusammen die Entstehung der Ahmadiyya selbst beschrieben werden.

Zum Umgang mit Sozialen Medien gehört aber auch die bewusste Entscheidung, wenig bis keine aktive Präsenz im Internet zu zeigen: So hat der Vorsitzende des Islamischen Kulturzentrums der Bosniaken Leipzig e.V. Mirza Mujović auf Anfrage mitgeteilt, dass die Mitglieder des Vereins in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit und auf Sozialen Medien gemacht haben, und sich deswegen entschieden haben, davon wieder Abstand zu nehmen.

Auch die Eritreisch-Orthodoxe Tewahado Gemeinde betreibt keine eigene Homepage oder eigene Kanäle auf den Sozialen Medien. Da sie aber in Dresden an die Martin-Luther-Kirche angegliedert sind, werden sie über die Homepage der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens aufgeführt. Die Informationen dort beschränken sich jedoch auf die Angaben zu den Gottesdiensten, Informationen zu der Gemeinde selbst werden nicht aufgeführt.

Allgemein aber ist die Eritrean Orthodox Tewahdo Church aber vor allem auf YouTube sehr aktiv: Dort gibt es zahlreiche Videos, wie Gottesdienste auf Tigrinya, Videos zum Geez-Ritus (Äthiopischer Ritus) und zu Gebeten.

Die Jüdische Gemeinde Chemnitz ist bisher auch auf keinen Plattformen der Sozialen Medien aktiv, führt aber eine ausführliche Homepage mit unterschiedlichen Rubriken. Neben Kontaktdaten und Informationen zu Besuchsmöglichkeiten und Führungen wird auch eine Rubrik mit Stichpunkten, Bildern und YouTube-Links zur Geschichte der Gemeinde in Chemnitz und allgemein zu wichtigen Symbolen des Judentums aufgeführt. Ferner wird das Gemeindeleben heute vorgestellt, wozu unter anderem eine Tanzgruppe, ein Chor und caritative Tätigkeiten gehören und vorgestellt werden. Darüber hinaus wird auch zu aktuellen Themen wie dem Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten am 07.Oktober 2023 Stellung bezogen.

Die Evangelische Kirchengemeinde Schleife - Slepo führt eine ausführliche Homepage mit verschiedenen Rubriken, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Gemeindearbeit im Allgemeinen umfassen, die Geschichte der Gemeinde, Informationen zum Glauben und aktuelle Veranstaltungen. Die aktuellen Veranstaltungen – seien es Informationen zu Gottesdienstzeiten, Ausstellungstermine oder Lesungen – werden zusätzlich auf der Facebookseite der Gemeinde geteilt. Dort werden darüber hinaus auch Videos und Fotos als Eindrücke von vergangenen Veranstaltungen geteilt.

Die Vietnamesisch-Buddhistische Gemeinde wiederum ist abschließend ein Beispiel dafür, wie sich das Verhältnis zum Internet und zu den Sozialen Medien verändern kann: Während sie bisherige Homepage der Vietnamesisch-Buddhistische Gemeinde nur auf Vietnamesisch zugänglich war, wird derzeit intensiv an einer neuen, mehrsprachigen Homepage gearbeitet. Das heißt jedoch nicht, dass Vietnamesisch-Buddhistische Gemeinde medial nicht präsent war: Im Gegenteil hat sie bereits unter anderem dem MDR, dresden.de, sächsisch.de und sachsen fernsehen Interviews gegeben und sich dort vorgestellt.

Damit zeigt Vietnamesisch-Buddhistische Gemeinde zum einen, dass mediale Repräsentation auch über herkömmliche Medien wie Zeitung und Fernsehen erfolgen kann, und zum anderen, dass Homepages und Soziale Medien für die Religionsgemeinschaften kontinuierlich an Bedeutung gewinnen.